Anlageformen für Mündelgeld
Der Gesetzgeber schränkt das zur Investition von Mündelgeld zur Verfügung stehende Anlageuniversum nicht ein, sondern unterscheidet lediglich zwischen
- gerichtlich genehmigungspflichtigen Anlageformen, deren Eignung für die Anlegung von Mündelgeld durch ein Gerichtsgutachten nachzuweisen ist und
- genehmigungsfreien Anlageformen, die keiner gerichtlichen Genehmigung bedürfen, da ihre Eignung für die Anlegung von Mündelgeld zivilrechtlich vermutet wird.
Nach ständiger Rechtsprechung sind diese beiden Gruppen von Anlageformen hinsichtlich ihrer Eignung für die Anlegung von Mündelgeld gleichrangig (RIS-Justiz RS0111790).
Genehmigungsfreie Anlageformen
Genehmigungspflichtige Anlageformen
Einlagen
Spareinlagen mit Deckungsstock
Liegenschaften
Grundstücke und Gebäude
Anleihen
Inländische Anleihen höchster Bonität
Kredite
Vergabe hypothekarisch besicherter Kredite
Fonds
Genehmigungsfreie Investmentfonds
Andere Anlageformen
Auffangbestimmung § 220 ABGB
Eignung für die Anlegung von Mündelgeld: Zivilrecht vs. Aufsichtsrecht
Die vom ABGB getroffene Vermutung, daß diese Anlageformen für die Anlage von Mündelgeld geeignet sind, impliziert nicht zugleich eine Eignung im aufsichtsrechtlichen Sinne. Eine gegenteilige Auffassung würde unterstellen, daß das Wertpapieraufsichtsgesetz bei der Anlegung von Mündelgeld vom ABGB derogiert wird; diese Auffassung wird sicherlich abzulehnen sein. Eine Empfehlung für den Erwerb genehmigungsfreier Investmentfonds kann daher in einer ordnungsgemäßen Eignungserklärung nicht damit begründet werden, daß es sich von Gesetzes wegen um mündelsichere Wertpapiere handle.
Bei der Mündelgeldanlage kommt es nicht nur darauf an, in einen einzelnen mündelsicheren Vermögenswert zu investieren. Gemäß § 215 Abs 2 ABGB ist auch zu berücksichtigen, ob eine Investition in mehrere (d.h. in verschiedene) Arten mündelsicherer Vermögenswerte „wirtschaftlich zweckmäßig“ ist. Mit anderen Worten: Mündelgeld ist nicht nur in eine einzelne Gattung mündelsicherer Anlagen zu investieren, wenn dies nicht wirtschaftlich zweckmäßig ist.
Es ist allerdings wissenschaftlich erwiesen, daß sich die Investition in verschiedene Anlagegattungen stets positiv auf den Diversifikationseffekt in einem Portfolio auswirkt, da die Korrelation zwischen Vermögenswerten aus verschiedenen Anlagengattungen geringer ist als jene zwischen Vermögenswerten innerhalb einer Anlagengattung. Die von § 215 Abs 2 ABGB für eine Investition in mehrere Anlagengattungen vorausgesetzte wirtschaftliche Zweckmäßigkeit ist daher trivialerweise stets gegeben. Mündelgeld sollte daher jedenfalls in mehrere Anlagegattungen investiert werden, insbesondere auch in Anlageformen gemäß § 220.
Hoffentlich erwies sich der Inhalt dieser Seite für Sie als nützlich und beantwortete möglichst viele Ihrer Fragen. Wenn Sie weitere Fragen über die Anlegung von Mündelgeld haben, steht Ihnen der Autor Mag. Alexander Giuliani dafür als Sachverständiger und unabhängiger Vermögensberater zur Verfügung.